Welt-Frühchen-Tag: Starker Start für die kleine Hanne
Bildunterschrift: (oben: Kerstin, Mathias und Hanne, u.l.: Hanne wenige Tage alt, u.r.: Hanne 9 Wochen alt)
Deutschlandweit kommen jährlich rund 60.000 Kinder als Frühgeborene zur Welt – damit sind sie die größte Kinderpatientengruppe im Gesundheitswesen. Als Frühchen gilt dabei jedes Neugeborene, das vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommt. Ein extrem niedriges Geburtsgewicht sowie die Unreife von Organen (vor allem Lunge, Darm und Gehirn) der Säuglinge können gefährliche, lebensbedrohliche Komplikationen hervorrufen. Um auf die besonderen Bedürfnisse dieser kleinen Helden und ihrer Familien aufmerksam zu machen, findet der Welt-Frühchen-Tag jährlich am 17. November statt.
„Als Perinatalzentrum Level 1 verfügt das Ludmillenstift über die höchste Versorgungsstufe für Früh- und Neugeborene und ist auch auf die Versorgung der Allerkleinsten mit einem Geburtsgewicht von unter 1.250 Gramm spezialisiert. Auf unserer Kinderintensivstation, der sogenannten Neonatologie, sorgen speziell ausgebildete Pflegekräfte und ärztliches Personal für die Betreuung und Behandlung von Frühchen.“, so Dr. med. Christian Chen, Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin sowie Neonatologie am Ludmillenstift.
Eine Frühgeburt kann zahlreiche Ursachen haben. Zum einen können Vorerkrankungen der Mutter, wie Diabetes, Adipositas oder Bluthochdruck eine Frühgeburt begünstigen, zum anderen kann auch der Lebensstil, wie z.B. psychischer Stress, schwere körperliche Arbeit, starkes Rauchen oder Alkoholkonsum zu einer Frühgeburt führen.
Hanne hatte es besonders eilig
Anfang September kam die kleine Hanne mit nur 1.190 Gramm auf die Welt. Ihre Eltern Kerstin und Mathias freuen sich sehr über die Geburt ihrer kleinen Tochter, doch hatten sie sich diese ganz anders vorgestellt. Es war an einem Freitag als Kerstin und ihr Mann sich auf der Arbeit wie gewohnt mit den Worten „Schönes Wochenende und bis Montag“ bei Ihren Kollegen verabschiedet hatten. Das die beiden am darauffolgenden Montag schon Eltern sein würden, damit hatten sie nicht gerechnet.
Mit leichten Beschwerden im Unterbauch suchte Kerstin im ersten Schritt bei ihrer betreuenden Hebamme Rat. Nach einigen kleineren Untersuchungen stellte diese die Versorgung des Kindes in Frage und riet den Eltern, für weitere Untersuchungen direkt ins Krankenhaus zu fahren. Hier stand relativ schnell fest, dass die kleine Hanne in der 28. Schwangerschaftswoche mit einem Not-Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden musste.
„Wir waren voller Sorge. Es musste alles so schnell gehen und wir waren noch nicht darauf vorbereitet, dass wir in kürzester Zeit Eltern sein würden. Im ersten Moment stand natürlich die Frage im Vordergrund, ob Hanne gesund sein würde, wobei im nächsten Moment Panik aufkam, weil wir uns bei der Namensgebung noch nicht festgelegt hatten. Es war eine Achterbahn der Gefühle zwischen Sorge und Glück.“ ,erklärt Kerstin.
Für Eltern ist dies eine unvorstellbare Belastungssituation zwischen ständigem Hoffen und Bangen, dass keine Komplikationen auftreten. Die kleine Familie kann aufatmen - nach der Geburt und auch in den folgenden Wochen ging es allen relativ gut. Die kleine Hanne war munter und hat sich in der Neonatologie des Ludmillenstiftes sichtlich wohlgefühlt.
Risiken bei Frühchen
Eines der größten Probleme bei frühgeborenen Babys stellt die Unreife der Lunge dar. Wenn das Neugeborene noch nicht selbstständig atmen kann, benötigt es eine maschinelle Unterstützung. Weitere Probleme können durch Hirnblutungen bei sehr früh geborenen Babys (unter 27 Wochen) und durch eine erhöhte Infektionsanfälligkeit entstehen. All diese Risiken machen einen Krankenhausaufenthalt nötig, der bis zu drei Monate dauern kann.
So erging es auch der kleinen Hanne. „Wie bei vielen Frühgeborenen war auch bei Hanne die Lunge noch nicht gänzlich so weit um ihre Funktion vollständig ausführen zu können, so dass die kleine Kämpferin insgesamt sechs Wochen bei der Atmung unterstützt werden musste. Dies ist nichts ungewöhnliches, da kleine Frühgeborene unter der 30. Schwangerschaftswoche anfangs fast immer eine Atemunterstützung benötigen.“ ,erklärt Dr. Chen.
Überlebenschancen
Die Überlebenschancen von Frühgeborenen haben sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich verbessert. Heute können selbst Frühgeborene überleben, die vor der vollendeten 24. Schwangerschaftswoche geboren werden und weniger als 500 Gramm wiegen. Allerdings ist ihr Risiko für dauerhafte körperliche und geistige Beeinträchtigungen relativ hoch.
Damit sich Frühchen unter den gegebenen Umständen möglichst gut entwickeln können ist der Körperkontakt mit den Eltern essenziell. Dafür wurde das Verfahren der Kängurupflege entwickelt, bei der die Babys möglichst oft auf die Brust eines Elternteils gelegt werden – auch wenn diese noch künstlich beatmet werden müssen. Wichtig ist ebenfalls eine ruhige Umgebung, da der Licht- und Lärmpegel ein großer Stressfaktor für die Kleinen ist.
Für die Eltern der kleinen Hanne ist die Zeit nach der Entlassung von Kerstin sehr herausfordernd und emotional. Zumal Hanne weiterhin auf der Neonatologie betreut werden musste und noch nicht mit nach Hause durfte. „Die Zeit Zuhause haben wir versucht sinnvoll zu nutzen um das Kinderzimmer vollständig einzurichten und alles soweit vorzubereiten, dass unsere kleine Hanne sich wohl fühlt. An das Elternsein haben wir uns langsam gewöhnen können – wir waren so oft es ging im Krankenhaus und haben die Zeit mit unserem kleinen Wunder verbracht. Nun sind die Großeltern dran, die sehnsüchtig darauf warten ihr Enkelkind kennenzulernen.“, berichtet Kerstin.
Entlassen werden Frühchen in der Regel zwischen der 37. Schwangerschaftswoche und dem errechneten Geburtstermin, jedoch spielt die individuelle Entwicklung des Kindes eine entscheidende Rolle. Nach neun Wochen stand der Entlassung von Hanne nichts mehr im Wege: Am 11.11.22 durften die Eltern die kleine Heldin mit 2.600 Gramm mit nach Hause nehmen. „Rückblickend kann ich sagen, dass ich mir für uns und unser Kind nichts besseres vorstellen könnte, als die Versorgung im Ludmillenstift Meppen. Wir sind ganz im Glück, dass es Hanne heute so gut geht.“, lächelt Kerstin.