Veröffentlichungsserie Seniorenmagazin "Kien Tied, Kien Tied"
Was ist Geriatrie?
Frau Dr. Evelyn Märker, Chefärztin der Fachabteilung Medizinische Frührehabilitation und Altersmedizin
Geriatrie, auch bezeichnet als Altersmedizin, beschreibt die medizinische Fachdisziplin, die sich mit der Gesundheit im Alter befasst. Betrachtet werden körperliche, geistige, funktionale und soziale Aspekte in der Versorgung älterer Patientinnen und Patienten.
Im Zentrum steht die spezielle Lebenssituation am Lebensende, denn der Körper eines Älteren funktioniert anders als der eines Jüngeren.
Die Altersmedizin versorgt Patientinnen und Patienten, die in der Regel älter als 65 Jahre sind und unter alterstypischen Erkrankungen, zum Teil auch Mehrfacherkrankungen leiden. Der überwiegende Teil der Patientinnen und Patienten, die von der Geriatrischen Medizin profitieren, gehören der Altersgruppe der über 80-Jährigen an. Mit zunehmendem Alter wird die Anfälligkeit für gesundheitliche Beeinträchtigungen größer, Krankheits- und Genesungsdauer sowie Komplikationen nehmen zu und Erkrankungen aus jüngeren Jahren verschlechtern sich.
Viele ältere Menschen sind chronisch erkrankt und haben verschiedene Krankheiten gleichzeitig, die sich gegenseitig beeinflussen (Multimorbidität). Häufig kommt es in der Folge zu einer unübersichtlichen Arzneimitteltherapie, insbesondere wenn Ärzte unabhängig voneinander einzelne Erkrankungen und Organsysteme behandeln. Ein älterer Organismus nimmt Medikamente anders auf und zeigt besondere Empfindlichkeiten.
Mit speziellen geriatrischen Kenntnissen können unerwünschte Wechsel- und Nebenwirkungen besser eingeschätzt und möglichst vermieden werden. Fast alle Erkrankungen im Alter können dazu führen, dass die Mobilität und die Alltagsselbständigkeit in Mitleidenschaft gezogen werden.
Typische altersassoziierte Krankheiten sind:
· Herzinfarkt
· Chronische Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
· Schlaganfall
· Arthrose
· Demenz
· Diabetes mellitus
· Grauer Star
· Krebs
· Osteoporose
· Altersdepression
· Herzrhythmusstörungen
· Parkinson-Krankheit
· Schwere Infektionen (z.B. Lungenentzündung Harnwegsinfektionen, Gallenblasen- oder Darmentzündungen)
Die Geriatrie zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Behandlung nicht nur auf das erkrankte Organ bezieht. Durch die Multimorbidität stehen oft andere Dinge im Vordergrund. Der geriatrische Patient leidet beispielsweise vergleichsweise häufig gleichzeitig an Bluthochdruck, Nierenschwäche, chronischen Schmerzen und Herzschwäche. Häufig sind auch die Seh- und Hörleistungen eingeschränkt. Kommt es nun z.B. zu einem sturzbedingten Knochenbruch, kann eine negative Kettenreaktion die Folge sein, die zu einer Dekompensation der Gesamtsituation führen kann. Deshalb ist es wichtig, dass nicht nur die Krankheit oder das erkrankte Organ, sondern der ganze Mensch behandelt wird. Durch die verschiedenen und gleichzeitigen Erkrankungen sind ältere Menschen oft davon bedroht, ihre Selbständigkeit zu verlieren. Gegebenenfalls drohen sogar eine rasche Pflegbedürftigkeit oder Pflegeabhängigkeit.
Geriatrisch tätige Mediziner betrachten den Patienten ganzheitlich und arbeiten mit verschiedenen Disziplinen zusammen. Hierbei ist es wesentlich, nicht nur ein bestimmtes Symptom zu behandeln, sondern den Gesamtzustand des Patienten im Blick zu haben und ihm zu helfen, so lange wie möglich seine Gesundheit und Eigenständigkeit im Alltag zu erhalten.
Im Unterschied zur medizinischen Behandlung jüngerer Menschen ist in der Geriatrie nicht immer die Heilung das oberste Ziel. Vielmehr geht es darum, körperliche und geistige Fähigkeiten wiederherzustellen mit dem Ziel, die Selbständigkeit und die Lebensqualität der betagten Menschen zu erhalten.